Ute Schröter, die gebürtig aus Hamburg kommt, verliebt sich bei einer Radtour in die kleine Stadt Havelberg. Ihre Töpferlehre führt sie damals ins Wendland, ihr Mann studiert während dieser Zeit in Berlin. Bei einer gemeinsamen Radtour von Lüchow nach Berlin kommen sie durch Havelberg und sind begeistert. Im Jahr 1995 ziehen sie ins sechs Kilometer entfernte Jederitz. Ute Schröter hält damals noch Ziegen und andere Tiere, das passt in der Stadt nicht. Aber mit dem Fahrrad ist sie schnell in Havelberg. Sie will sich mit einer Töpferei selbstständig machen und erhält unerwartet eine Förderung. “Das kam wie von einer guten Fee damals.“ Die ermöglicht ihr, die heutige Töpferstube nahe des Havelberger Doms aufzubauen, mit Auszubildenden und allem Drum und Dran. Immer wieder fallen ihr die leerstehenden Häuser in der Domherrnstraße auf, und sie denkt sich, da muss man doch was draus machen. Als der Eigentümer die Häuser abreißen lassen will, sprechen sich einige Havelberger und sogar der Bürgermeister dagegen aus. Die Häuser müssten als Denkmal erhalten bleiben, so ihr Anliegen. Ute Schröter ärgert sich, dass solche alten Gebäude-erst Recht, wenn es sich um Denkmäler handelt-dem Verfall preisgegeben werden und dass es teilweise sogar den Anschein hat, der Verfall sei gewollt. Ihr ist bewusst, dass man nicht immer jedes Gebäude retten kann. Wichtig sei allerdings, nachzudenken, bevor etwas abgerissen wird und unwiederbringlich weg ist. Es geht ihr darum, Erinnerung zu bewahren.
Ute Schröter hat viele Ideen für die Nutzung der Häuser und findet sich mit zwei Havelbergern zusammen, die das Finanzielle übernehmen. Gemeinsam gründen sie einen Verein und kaufen die ehemalige Domkurie in der Domherrnstraße 8. Sie lassen ein Gegengutachten erstellen, das zeigt, dass das 300 Jahre alte Fachwerkhaus nicht einsturzgefährdet, sondern erstaunlich robust ist. „Es war fünf nach zwölf, aber das Grundgerüst hat gut gehalten. Ich meine, das sind Eichen. Zehn Meter lange Eichenstämme, dreißig mal vierzig Zentimeter im Querschnitt. Stellen Sie sich das mal vor! Was waren das für Bäume, die unsere Altvorderen unter Einsatz ihres Lebens aufgestellt haben?! Und wir reißen das einfach ab. In Frankreich oder Italien wäre das romantisch, da finden wir das schön. Aber hier gilt es als Schandfleck.“ Danach geht die eigentliche Arbeit los, eine erste Notsicherung des Hauses wird durchgeführt und das Gebäude Schritt für Schritt wieder hergerichtet. Auch die Keramikmeisterin selbst packt mit an, erklärt den Helfern vor Ort den Unterschied zwischen Ton, Lehm und Dreck. Neben der eigentlichen Arbeit, die als soziale Maßnahme vom Jobcenter mit sogenannten Arbeitsgelegenheiten unterstützt wird, müssen Konzepte zur Nutzung entwickelt werden. Der Verein besucht andere Orte mit ähnlichen Projekten und holt sich Tipps von den ansässigen Verbänden ein. Nach und nach entstehen in der Domherrnstraße 8 ein Veranstaltungssaal, eine öffentliche Bücherei, ein Café, eine Galerie für Kunstausstellungen und eine Ferienwohnung. Auch der Garten wird in Anlehnung an historische Strukturen wiederbelebt. Es wohnen sogar Esel auf dem Hof. Für Ute Schröter ist es wichtig, sich in einem Verein oder auf andere Art zu engagieren. Dass viele Verbände Mitglieder verlieren, hängt für sie mit der demografischen Entwicklung zusammen: es sterben einfach mehr Vereinsmitglieder, als neue dazu kommen. Sie freut sich aber über immer mehr Rückkehrer und Zugezogene, die frische Impulse bringen. „Viele Menschen haben nicht die Zeit, sich so sehr zu engagieren. Man muss schon dafür brennen, und die Gefahr zu ver-brennen ist da. Wir sollten gemeinsam schauen, wo wir Mitstreiter und Kräfte finden und auch Orte, wo wir selbst auftanken können.“
ein Projekt des
denkMal und Leben e. V.
Domherrnstrasse 8
39539 Havelberg
Telefon: +49 39387 79025
E-Mail: info(at)domherrn8.de
Internet: domherrn8.de
Vertretungsberechtigter Vorstand:
Ute Schröter (Vorsitzende), Antje Reichel (stellv. Vorsitzende)